Die Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) setzt voraus, dass ein fremdes Geschäft im Interesse des Geschäftsherrn geführt wird und zugleich dessen Willen entspricht. Nur wenn beide Anforderungen erfüllt sind, gilt das Handeln als rechtlich zulässig. Der Gedanke dahinter besteht darin, einerseits sinnvolle Hilfeleistungen zu ermöglichen, andererseits jedoch die Selbstbestimmung des Betroffenen zu wahren.
Das Kriterium des Interesses bedeutet, dass die Handlung objektiv nützlich sein muss. Entscheidend ist nicht, ob der Geschäftsherr bereits konkrete Pläne gefasst oder Anweisungen erteilt hat, sondern ob die Maßnahme aus einer neutralen Betrachtung heraus vorteilhaft erscheint. Typische Fälle sind das Abwenden drohender Schäden oder die Sicherung vorhandener Vermögenswerte. Wird etwa ein geparktes Fahrzeug vor Überschwemmung in Sicherheit gebracht, so liegt darin ein klarer Nutzen, auch wenn der Eigentümer von der Gefahr nichts wusste.
Neben der objektiven Vorteilsprüfung spielt die Willensrichtung eine eigenständige Rolle. Hier wird zwischen wirklichem und mutmaßlichem Willen differenziert. Der tatsächliche Wille lässt sich durch eindeutige Erklärungen, vertragliche Vorgaben oder durch das Verhalten des Geschäftsherrn feststellen. Er ist verbindlich und darf nicht missachtet werden. Selbst wenn eine Handlung objektiv günstig wäre, verliert sie ihre Berechtigung, sobald sie gegen eine klar geäußerte Entscheidung verstößt. Damit schützt das Recht die Freiheit, eigene Angelegenheiten selbst zu bestimmen, auch auf die Gefahr hin, ökonomisch unklug zu handeln.
Der mutmaßliche Wille tritt dann in den Vordergrund, wenn keine sicheren Informationen über die Vorstellungen des Geschäftsherrn vorhanden sind, etwa weil dieser nicht erreichbar ist. Maßstab ist, wie er sich unter Berücksichtigung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Lage vernünftigerweise verhalten hätte. Hierbei werden individuelle Faktoren wie Interessen, Gewohnheiten oder bekannte Präferenzen einbezogen. So ist es in einer Gefahrensituation regelmäßig gerechtfertigt, einzugreifen, auch ohne ausdrückliche Zustimmung. Das klassische Beispiel ist die Rettung eines Hauses bei Brandgefahr: In einer solchen Konstellation wird angenommen, dass jeder Eigentümer die Hilfe begrüßen würde.
Das Verhältnis zwischen Nutzen und Wille erfordert eine sorgfältige Abwägung. Der bloße objektive Vorteil genügt nicht, wenn er im Widerspruch zu einer erkennbaren Entscheidung des Geschäftsherrn steht. Gleichzeitig darf der Wille nur dann berücksichtigt werden, wenn keine entgegenstehende Haltung erkennbar ist. Damit wird verhindert, dass gut gemeinte, aber ungewollte Eingriffe die Selbstbestimmung unterlaufen.
Diese Systematik hat eine klare Schutzfunktion. Sie erlaubt Eingreifen in dringenden Situationen und schafft zugleich Schranken, um die Autonomie des Betroffenen nicht zu verletzen. Auf diese Weise entsteht ein ausgewogenes Verhältnis: Der Geschäftsführer erhält Handlungsspielraum, um Risiken abzuwenden oder Vorteile zu sichern, während das Recht des Geschäftsherrn, über seine Angelegenheiten selbst zu entscheiden, gewahrt bleibt.
Zusammenfassend gilt:
Die GoA ist nur dann gerechtfertigt, wenn sowohl ein objektiver Nutzen als auch die Beachtung des wirklichen oder mutmaßlichen Willens vorliegt. Damit verbindet das Institut Praktikabilität mit Achtung der Privatautonomie. Es ist nicht nur in Notsituationen bedeutsam, sondern auch im juristischen Alltag ein wichtiges Instrument, das in Ausbildung und Rechtsprechung immer wieder anhand konkreter Fallgestaltungen präzisiert wird.